Gott und die Quantenphysik

Zur Diskussion in diesem Forum nehme ich hier die Gelegenheit wahr, ein interessantes Gebiet nach außen zu tragen:„the_Midget“ und „Aphorismus“ haben mitunter einen äußerst interessanten Bereich in ihrer Diskussion beleuchtet.
Besonders hat mir dabei gefallen, dass das Kenntnisnivau genau so weit unterschiedlich ist, dass dadurch weitere Gedankenspiele die Phantasie des interessierten Lesers ordentlich beflügelt wird.
Die Fülle der Informationen hat mich selbst natürlich auch zu Gedankenspielen bewegt.
Dazu will ich mich mal herantasten, und zitiere dabei immer wieder unsere beiden „Stars“ – nur die Reihenfolge der zum Teil gekürzten Postings wie deren Zusammensetzung innerhalb der hier verwendeten Zitate habe ich bewusst verändert – allerdings mit Rücksicht auf die enthaltenen Kernaussagen:
Aphorismus schrieb:

„Wenn im Wald ein Baum umfällt, und niemand ist da, der etwas hören kann, gibt es dann ein Geräusch?“
Es ist nur so: Einen irrsinnig großen Haufen Quanten wie eine Uhr kann man problemlos beobachten und ihm mehrere Informationen abgewinnen. Ein einzelnes Quant trägt genau eine Information. Diese Information ist bis zur Messung nicht festgelegt.
Und da sagen uns die schlauen Leute, die die Versuche interpretieren, unisono: Einzelne Quanten sind seeeeehr seltsame Dinger und in der Tat so seltsam, dass wir sie nicht einmal korrekt als „Dinger“ bezeichnen können.
Wir wissen über einzelne Quanten nur folgendes: Wir können an ihnen eine beliebige Sache messen. Aber das verrückte ist, dass sich die Quanten so benehmen, als wären sie Spuk-Gespenster.
Die Versuche legen nahe, dass ein einzelnes Quant sich an mehr als einem Ort befinden kann. Und sie verhalten sich in Abhängigkeit vom Beobachter.

Ich stellte mir im Laufe der Einträge hier einmal vor, dass ich mich in einem leeren Zimmer befinde. Wenn die Uhr und das Quant nicht da sind, solange ich nicht „messe“ … es passt einfach nicht. Die Midget-Uhr ist da. Ob ich messe oder nicht.
Ich kann sie sehen – wende ich mich ab, verschwindet sie nicht. Spreche ich in einem leeren Raum, nehme ich eine Klangfarbe meiner Stimme wahr, die ich nicht im selben Raum hörte, wäre er voll gestellt mit Uhren, Möbeln, … ändert sich auch der Klang. Nun habe ich jedoch nicht gemessen. Weder mit den Augen noch mit den Ohren. Denn die Gegenstände haben sich mir angeboten mit ihrer Erscheinung – nicht umgekehrt.
Auf einem Parkplatz, der von vereinzelten Gebäuden umgeben ist, sehen wir die Gebäude. Wir alle sehen sie – damit sollten sie da sein. Der Blinde, der auf diesem Parkplatz steht, klatscht in die Hände – und nimmt durch das Echo ebenfalls Gebäude und Freiflächen wahr.
In beiden Fällen mögen wir von einer Messung sprechen – bewusst oder unbewusst.
Aphorismus schrieb:

Und hier passiert das unglaubliche: das Quant taucht trotzdem immer genau dort auf, wo das Mess-Gerät angeschaltet ist.
Du hingegen musst annehmen, dass es eine unabhängige Realität gibt.
Den Punkt mit der Nachweisbarkeit habe ich ja schon erklärt. Wenn ich sagen würde: „Es gibt keine von Beobachtung unabhängige nachweisbare Realität“, dann müsstest du mir beweisen können, dass diese Aussage falsch ist. Dafür müsstest du nachweisen können, dass diese Realität existiert und das ist per Definition ausgeschlossen. Meine Aussage kannst du also unmöglich widerlegen.

Genau. Alle, die sich auf dem Parkplatz befinden, nehmen das Gebäude wahr. Ob sie es sehen, ein Echo wahr nehmen oder dagegen laufen. Jeder, der sich an dem Ort befindet, kommt nicht um die Existenz des Gebäudes herum. Aber jeder entnimmt durch seine Wahrnehmung diesem Gebäude nur eine Information!
Aphorismus schrieb:

Andererseits könntest du sagen: „Es gibt eine unabhängig von Beobachtung existierende nachweisbare Realität“. Und dann würde ich dir wie oben ganz viele Versuche aus der Quantenmechanik zeigen und dich bitten, mir zu erklären, was denn das bitte für eine Realität sein soll, die für so etwas verantwortlich ist.
Seltsam, auch der ist nicht aus irgendetwas festem aufgebaut, sondern aus Quarks und Neutrinos. Und die sind wieder nicht greifbar. Im Grunde hat man also gar keine Ur-Materie zur Verfügung, sondern nur „Materie-Effekte“. That’s the point.

Die Gluonen werden hier mit angesprochen. Von Kernkräften ist hier die Rede und der Erkenntnis, dass es Masse nicht ursächlich gibt, sondern ein Produkt von Energie ist. Nur ist auch die Energie in all seinen Varianten greifbar, wenn das Sieb fein genug ist. Oder andersherum: „Es gibt eine unabhängig von der Weise der Beobachtung existierende nachweisbare Realität“. Ich nehme auf eine Weise – durch Teilchenreflexion beim Echo – das Gebäude wahr. Danach kann ich es berühren oder betrachten. Es bietet sich mir eine Fülle von Information – doch im Grunde betrachte ich das Gebäude nacheinander.
Die Informationen, die ich über das Gebäude gewinne, gelangen durch Botenstoffe allesamt vereinzelt zum Gehirn. Für sich betrachtet, hat daher ein Gebäude immer nur eine Information – im Gehirn durch meine multiple Sensorik zusammen gesetzt eine Vielzahl dessen.
Aphorismus schrieb:

Ungeklärt ist in der Tat die Frage des Übergangs: Wenn Quanten nur dann beobachtbar sind, wenn jemand sie misst, und die Uhr aus Quanten besteht, bedeutet das, dass sie nur existiert, wenn jemand sie ansieht?

the_Midget schrieb:

Ich würde es so ausdrücken: Durch den Messvorgang nehmen wir sie wahr. Und das ist ja im Grunde mit allen Dingen so, nicht nur mit Quanten. Wenn ich auf die Uhr sehe, kann ich auch sagen sie tritt erst in meine Realität ein, wenn ich das tue. Das heisst nicht, daß sie nicht existiert wenn ich nicht hinsehe. Und beim Quant kann man das genausowenig sagen.
Die Frage ist: Ist ein Quant nicht da, wenn ich es nicht messe? Du magst mich da eines besseren belehren, aber ich vermute diese Frage lässt sich nach dem heutigen Wissenstand nicht beantworten.

Aphorismus schrieb:

Ungeklärt ist in der Tat die Frage des Übergangs: Wenn Quanten nur dann beobachtbar sind, wenn jemand sie misst, und die Uhr aus Quanten besteht, bedeutet das, dass sie nur existiert, wenn jemand sie ansieht?

Wir nehmen sie wahr, wenn wir sie durch Messung beobachten. Ich gehe davon aus, dass sie genauso existieren, auch wenn wir nicht messen. Das Gebäude existiert ebenso auf diesem Parkplatz, auch wenn wir es nicht (er)messen. Und so mag es auch einen oder mehrere Götter geben – vielleicht ist demnach die Anerkennung des Glaubens an die Anerkennung der Messmethode gebunden?
the_Midget schrieb:

Und warum erscheint es Dir nun zulässiger vom Quant auf die Uhr zu schliessen als von der Uhr auf das Quant?

Aphorismus schrieb:

Weil Uhren aus Quanten bestehen, Quanten aber nicht aus Uhren. Logische Transitivität.
Schmerz scheint mir gerade ein Paradebeispiel dafür zu sein, dass es keine solche von Beobachtung unabhängige Realität jemals nachweisbar geben wird.

Tja, betrachten wir nun die Uhr oder dessen Quanten? Beobachten wir am Ende eine Wechselwirkung und nehmen bei der Definition unserer Messmethode unterschiedliche Betrachtungsweisen zur Grundlage? Ich meine, dass ich sehr wohl von der Uhr auf den Mikrokosmos schließen kann. Teilchen schubsen sich gegenseitig, die mein Trommelfell bewegen. Licht wird zum Teil absorbiert, reflektiert und erzeugt im Auge eine chemische Reaktion. Alles Wechselwirkungen von Dingen, die am Ende allesamt aus Quanten bestehen?
Aphorismus schrieb:

Wenn das Quant, das nur eine einzige Information tragen kann, gemessen worden ist und man ihm somit eine Information abverlangt hat, ist es „frei von Information“.

Und genau diese Aussage erzeugt bei mir ein Knacken im Getriebe; Dazu später mehr…
the_Midget schrieb:

Kleine Verständnisfrage: Wenn am anderen Weg nicht gemessen wurde, woher wusste man dann, dass das Elektron dort nicht vorbeigegangen ist?

Aphorismus schrieb:

Die modernen Interpretationen der Quantenphysik setzen Quanten mit den kleinst-möglichen Informationseinheiten, Bits, gleich.
Während die Physik Jahrzehnte lang versucht hat die Hardware zu finden, die Quanteneffekte bewirkt, geht man jetzt davon aus, dass Quanten die Software sind, die über unsere Versuchsergebnisse entscheidet.

Hier gelingt mir der Bezug zu meiner Realität. Das Elektron hat sich nun für einen der beiden Sensoren „entschieden“. Doch was wäre, wenn es nur durch den Sensor zu sehen ist? Ich stelle mir das so vor: Wir haben eine Apparatur mit einem Sensor. Doch wie funktioniert der Sensor? Er besteht sicher nicht aus einem Körbchen, in dem sich das Elektron nieder lässt. Schubst das vormals „frei“ kreisende Elektron ein Elekron aus dem Sensor an, so messen wir doch nur die Wechselwirkung und erkennen dieses als Beweis für eine Existenz an. Quanten könnten nach den gleichen Prinzipien bewiesen werden.
Doch es ist – bedingt durch den Sensor – zunächst nur eine (genaue) Aussage zu einer Eigenschaft möglich. Durch eine Zeitverzögerung beim abwechselnden Messen eines bestimmten Quants erkennen wir möglicherweise nicht die Veränderung der Wechselwirkung durch unsere Sensoren. Gleichzeitig gemessen hätten wir zusätzlich zur Wechselwirkung durch das Quant eine Wechselwirkung durch die Sensoren.
Ich denke da an die Messung von Spannung und Strom in einer elektrischen Schaltung. Ich messe den Stromfluss, danach die elektrische Spannung. Beides gemeinsam kann ich nicht exakt skalieren, da ja auch im Voltmeter Ströme fließen. Berechnen kann ich es, wenn der durch das Voltmeter geflossene Strom abgezogen wird. Und jetzt meine Frage, die sich an den Kontext von Midget lehnt: Wie kann ausgeschlossen werden, dass das Elektron nur den Weg zum Sensor gefunden hat, weil dieser im Moment der Auswertung eine Wechselwirkung erzeugt hat?
the_Midget schrieb:

Na ja, in diesem Thread geht es doch darum, ob Menschen durch ihren „Willen“ oder „Glauben“ die Realität beeinflussen können, bzw durch ihren Glauben erst Gott erschaffen (weil der aus Quanten besteht). Und da du „gegen“ mich argumentiert hast, bin ich davon ausgegangen, daß du ebenfalls dieser Meinung bist. Und diese Meinung beruht darauf, daß Quanteneffekte auch im „großen“ Maßstab möglich sind.
In meinen Augen nicht. Warum ich die Klammer gemacht habe: Weil ich absolut überzeugt bin, daß es eine unabhängige Realität geben muss, …
Ja und jetzt zeig mir mal ne Software, die ohne Hardware funktioniert. Außerdem sind die Rechenvorgänge die eine Software durchführt durchaus im Speicher lokalisierbar.

Hier gerate ich ins Stolpern durch die Aussage, dass Gott aus Quanten besteht. Besser würde es klingen, wenn Gott für the_Midget aus Quanten besteht. Und das aus Sicht einer „inneren“ und „außeren“ Realität. Das Gebäude auf dem Parkplatz ist für jedes Lebewesen wahrnehmbar, dass sich im Bereich einer möglichen Wechselwirkung befindet. Befinde ich mich nicht in diesem Bereich, kann ich glauben, dass es dort existiert.
Dieser Bereich ist jedoch portierbar. Auf einem Foto oder belegt durch viele Fotos von vielen Lebewesen, die dort waren. Damit wird mein Glaube gestärkt und das Gebäude existiert in einer äußeren und meiner inneren Realität.
Der Glaube an einen Gott ist ebenfalls portierbar, doch wird seine Existenz aus inneren Realitäten heraus bewiesen, seine Eigenschaften aus einer inneren Realität heraus portiert. Würde das Gebäude ebenfalls aus einer inneren Realität heraus existent sein, dann sollte jeder Vogel, der das Gebäude wahrnimmt, jeder Käfer, dar seine Wand hinauf klettert – jedes Lebewesen, dass der Wechselwirkung des Gebäudes ausgesetzt wird, Gott als existent betrachten können. Wenn dem nicht so ist, wird ein Gott eher nicht aus Quanten einer äußeren Realität bestehen. Wenn Gott nicht aus Quanten besteht, dann unterliegen wir nicht „seiner“ Wechselwirkung sondern „unserer“ Wechselwirkung. Wir haben ihn erschaffen, was uns zu Gott macht – allerdings nur durch unsere Zusammensetzung, so wie Midgets Uhr aus Quanten besteht.
Quanten würde ich nicht einer Hard- oder Software zuordnen können. Hard- und Software „funktionieren“ durch Wechselwirkungen, die aus äußeren und inneren Realitäten geschaffen wurden. Software kann ich nicht anfassen oder riechen – eine CPU sehr wohl. Die Anordnung von Atomen steht zwar „anfassbar“ für eine äußere Realität und den Beweis der Existenz von Information (Software), doch der Verlauf der Wechselwirkung wird durch uns bestimmt – bei der Programmierung wie zur Laufzeit.
Also wird auch der Verlauf eines Experimentes womöglich durch unsere Messeinrichtung bestimmt. Wenn das Quant alle Eigenschaften hätte, die möglich sind, dann könnten wir sie nur messen, wenn unsere Apparaturen geeignet sind, einen Spielraum für eine Wechselwirkung zu schaffen. Damit wäre es natürlich denkbar, dass weitere Messgrößen entdeckt würden – wenn wir mit dem Bau eines entsprechenden Sensors eine Wechselwirkung ermöglichen.
the_Midget schrieb:

Wer ist denn der Beobachter in einem Universum ohne Lebewesen? Buchstäblich kann ich das natürlich nicht beweisen, weil dazu müsste ich es Dir ja quasi zeigen, und dazu müsste es ja wiederum beobachtbar sein. Ich sag ja nur: dem was beobachtbar ist liegt noch etwas anderes zu Grunde, und das ist zuallererst wie es ist und nicht wie es mir erscheint. Obwohl das so auch nicht stimmt, weil eigentlich ist es „auch“ so wie es mir erscheint und nicht „nicht“ wie es mir erscheint.
Nein, aber wenn es keinen Beobachter gäbe, (weil es kein Leben gibt) welche Auswirkungen hätte dies auf das Universum, wenn es sich „quantisch“ verhält? Ist halt ein Gedankenexperiment, daß eigentlich meine Position stützen soll.

Ich denke beinahe, dass die erste Frage bedeutungslos ist. Wenn ich Beobachtung mit einem Ergebnis aus Wechselwirkung vergleiche, braucht es dazu kein Lebewesen, wie wir es im Allgemeinen definieren. Anders ausgedrückt: Wir sind überflüssig, denn die Wechselwirkungen sind auch ohne uns da. Das Universum reagiert auf seine Wechselwirkungen, wir sind ein Teil davon. Es gibt das Universum mit oder ohne uns – mit uns gibt es vielleicht noch mehr Wechselwirkungen als sonst – aber vielleicht sind wir das Produkt einer Wechselwirkung und wirken genau so, wie uns ein Universum beeinflusst?
MrPalmer schrieb:

Ähnlich wie es Wheeler formuliert;
Das Universum ist letztlich nicht aus Materie und Energie aufgebaut, sondern es besteht aus reiner Information.Eine der wichtigsten Lehren des Quantenuniversums könnte sein, dass die physikalische Wirklichkeit durch die Art der Fragen definiert ist, die wir durch die Wahl unserer Experimente an sie stellen.

Das ging mir gestern auch durch den Sinn – auch wenn ich mich erst heute mit der Thematik in Schriftform auseinander gesetzt habe.
Unterm Strich habe ich für mich festgestellt, dass Quanten einer äußeren Realität entsprechen, der Glaube an einen Gott einer inneren Realität entspringt – insofern kann ich nicht Gott und die Quantenphysik gemeinsam betrachten – es finden sich nur Parallelen, die über einen Zusammenhang hinweg täuschen können. Denn der Glaube scheint ja wohl nur durch uns zu existieren, wir existieren nur durch das Universum.
Lust auf mehr?

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