US-Gelder für sunnitische Jihadisten?
Die vermehrten Anstrengungen der USA, den Einfluss des Iran im Nahen Osten einzudämmen, werden nicht zuletzt im sunnitisch dominierten Saudi-Arabien positiv betrachtet, bedrohen jedoch das Verhältnis zur irakischen Regierung. Seymour Hersh rückte in einem Interview auf CNN einen wenig bekannten Aspekt des Geschehens in den Mittelpunkt: finanzielle Mittel sollen bei drei sunnitischen Jihad-Gruppen landen, die Al-Qaida nahe stehen.
Freund und Feind
In einem kürzlich im New Yorker publizierten Artikel behandelte Hersh die gegenwärtige Entwicklung der US-amerikanischen Nahost-Politik im Kontext der steigenden Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten, um – einmal mehr – die Frage zu stellen, ob die gegenwärtige US-Politik tatsächlich der USA dienlich ist. Hersh zufolge unterhält das Pentagon eine Planungsgruppe für einen Luftkrieg gegen den Iran, um innerhalb von 24 Stunden einen Militärschlag ausführen zu können. Gleichzeitig werde im Nahen Osten an mehreren Fronten – insbesondere im Irak und im Libanon – versucht, den Aufstieg radikaler schiitischer Kräfte zu unterbinden.
Eine der Maßnahmen umfasse finanzielle Unterstützung für sunnitische Kräfte, die sich u.a. der Bekämpfung von Hisbollah und iranischer Regierung verschrieben haben; das Geld lande bei drei sunnitischen Jihad-Gruppen, die wiederum Verbindungen zu Al-Qaida haben. Die Geldmittel für diese verdeckten Operationen werden offenbar ohne die Zustimmung des Kongresses ausgegeben. In einem Interview auf CNN fasste Hersh die gegenwärtige Lage folgendermaßen zusammen:
„Wir sind hier schlicht und einfach in einer Situation, in der dieser Präsident seine Auffassung von exekutiver Befugnis zum absoluten Limit bringt, verdeckte Operationen betreibt, Gelder nutzt, die nicht vom Kongress autorisiert wurden, Gruppen indirekt unterstützt, die mit den gleichen Leuten verbunden sind, die für 9/11 verantwortlich sind.“
Robert Baer, der lange Zeit als CIA-Agent im Libanon tätig war und in der Vergangenheit scharfe Kritik an der Hisbollah übte, warnte jüngst vor der Gefahr, die den Christen im Libanon von gewalttätigen sunnitischen Gruppen droht:
„Wir haben sunnitische Araber, die sich auf einen verhängnisvollen Konflikt vorbereiten, und wir brauchen jemanden, der die Christen im Libanon schützt. Früher wären es die Franzosen oder die Vereinigten Staaten gewesen, die es getan hätten, nun werden es Nasrallah und die Schiiten sein.“
Iran als Lieferant der „tödlichsten“ Waffen
Im Irak wiederum sind die USA auf die Kooperation der Schiiten angewiesen, und einige der schiitischen Milizen gelten offiziell als US-Verbündete. Die US-Regierung versucht zwar, Maliki samt Regierung von den radikaleren Schiiten zu trennen, hatte damit bisher jedoch alles andere als Erfolg. Die Macht der radikaleren schiitischen Milizen steigt Berichten zufolge kontinuierlich, während die Vorwürfe von Seiten der USA gegenüber dem Iran zunehmen. Vor etwa zwei Wochen wurde die Meldung verbreitet, dass „die tödlichsten Waffen, die gegen amerikanische Truppen im Irak gerichtet werden“ aus dem Iran stammen. Der New York Times zufolge stimmten die meisten Geheimdienstler dieser Auffassung zu – auch wenn das Bild nicht vollständig sei.
Propaganda hin oder her: dass der Einfluss des Iran auf den Irak mit dem Sturz des Hussein-Regimes stark zunehmen würde, war abzusehen. Warum jedoch die fraglichen Entwicklungen inzwischen als zentrales Problem wahrgenommen bzw. dargestellt werden, während weiterhin der überwiegende Anteil aller Anschläge auf Sicherheitskräfte von sunnitischen Aufständigen verübt wird, kann allem Anschein nach nicht erklärt werden, wenn der Blick auf den Irak selbst beschränkt bleibt.
Abgesehen vom direkten Konflikt zwischen den USA und dem Iran gibt es eine weitere mögliche Motivation für die US-Regierung, die Position des Iran und assoziierter schiitischer Kräfte allgemein schwächen zu wollen: Hersh zufolge haben die USA, Israel und Saudi-Arabien im letzten Jahr eine gemeinsame Strategie entwickelt, zu der auch die Eindämmung schiitischen Einflusses gehört. Die vier Eckpunkte der Vereinbarungen gemäß Hersh:
1. Saudi-Arabien erkennt die Sicherheit Israels als wichtiges Ziel an und teilt die Bedenken gegenüber dem Iran.
2. Saudi-Arabien wird sich bemühen, einen moderierenden Einfluss auf die Hamas auszuüben.
3. Die USA werden direkt mit sunnitisch dominierten Staaten zusammenarbeiten, um dem Aufstieg der Schiiten in der Region entgegenzuwirken.
4. Saudi-Arabien wird bei der Schwächung der Assad-Regierung Syriens Unterstützung leisten.
Weiterführende Links:
THE REDIRECTION
Is the Administration’s new policy benefitting our enemies in the war on terrorism?
by SEYMOUR M. HERSH
Hersh: U.S. Funds Being Secretly Funneled To Violent Al Qaeda-Linked Groups
US: Deadliest bombs in Iraq are made in Iran
Atomstreit mit Iran
Ahmadineschad bleibt unbeugsam
US-Regierung sucht neue Allianzen gegen Iran, Syrien und irakische Schiiten
Letzte Kommentare