Bagdader Mauerbau

Die irakische Regierung ist auf eine Verbesserung der Sicherheitslage angewiesen, doch ein Ende der Gewalttaten zwischen Sunniten und Schiiten ist nicht in Sicht. Einigkeit wird allenfalls gegenüber dem US-Militär demonstriert, das trotz des Protestes der Bevölkerung ein sunnitisches Viertel von der schiitischen Nachbarschaft isolieren wollte.

Der Bezirk Adhamiya (auch: Asamija) gilt als einer der gefährlichsten in Bagdad. Auf Wunsch des US-Militärs sollte er durch eine bis zu dreieinhalb Meter hohe Mauer von der Umgebung abgeschnitten werden, alle Eingänge kontrolliert von Soldaten. Das US-Militär verneinte zwar, dass es sich hierbei um eine neue ‚gated communities‘- Strategie handeln würde, denn schließlich wolle man den Irak weiterhin vereinen. Dennoch veröffentlichte es eine Stellungnahme, in dem die Mauer von Adhamiya als „eines der Kernstücke einer neuen Strategie“ bezeichnet wurde.
Anwohner sowie sunnitische Politiker warnten vor einer bevorstehenden Isolation des Bezirks, und zu beiden Seiten der Mauer fürchtete man um die Geschäfte. Dennoch wurde mit den Bauarbeiten begonnen, noch bevor die Iraker offiziell reagiert hatten.
Regierungschef Nuri Al-Maliki erteilte dem Mauerbau schließlich vergangenes Wochenende eine Absage, und versicherte auf einer Pressekonferenz in Kairo, dass man den Vorgang stoppen werde.
Dessen ungeachtet schwindet die Unterstützung für Maliki offenbar weiterhin. Nachdem eine groß angekündigte und vor etwa zwei Monaten begonnene Sicherkeitskampagne anfängliche Erfolge erzielte, ist die Gewalt inzwischen wieder auf einem hohen Level angelangt, mit steigender Tendenz.
Sechs Minister der irakischen Regierung mit Verbindungen zu Muqtada Al-Sadr sind vor kurzem aus Protest zurückgetreten, da Maliki keinen konkreten Zeitplan für den Rückzug der US-Truppen nennen wollte. Die Rückendeckung durch Sadr, der eine große Anhängerschaft gerade unter den ärmeren Menschen im Irak hat, gilt als zentral für Maliki, der nicht zuletzt im Parlament auf sie angewiesen ist. Nun beibt abzuwarten, ob die irakische Regierung in Anbetracht der entschiedenen Abzugsforderungen noch einen Kompromiss zwischen den verschiedenen irakischen Gruppen und dem US-Militär herstellen kann.
In Washington wird indessen erfolglos nach einer Besetzung für den neu geschaffenen Posten des Kriegszaren gesucht, der einen Teil der Verantwortung für die Vorgänge im Irak und in Afghanistan tragen soll. Mehrere hohe Militärs haben bereits dankend abgelehnt, wie etwa der ehemalige NATO- Oberbefehlshaber John Sheehan, der u.a. auf den noch immer existierenden negativen Einfluss von Dick Cheney verwies.

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