Bilderberg-Treffen 2007 in Istanbul: Internet-Pressespiegel

Weitgehend unbeachtet von der auf Heiligendamm fixierten deutschen Medienwelt fand vergangenes Wochenende das diesjährige Bilderberg-Treffen in der türkischen Stadt Istanbul statt. Vor allem im deutschsprachigen Raum waren die Berichte dieses Jahr sehr spärlich gesät, wesentlich zahlreicher jedoch in den türkischen Medien.

Berichterstattung im deutschsprachigen Raum
Die wenigen deutschen Medien, die noch letztes Jahr über die Konferenz in Ottawa berichtet hatten, blieben dieses Jahr „diskret“ – offenbar konnten sich nicht einmal die User von WikiNews zu einem Artikel durchringen.
Die Berliner Umschau erwähnte Bilderberg zwar im Rahmen eines Berichtes über den designierten Weltbank-Chef Zoellick (Finanzglobalisierer Zoellick soller [sic] neuer Weltbank-Chef werden), auffälligerweise ist jedoch nichts von der Teilnahme am aktuellen Treffen zu lesen:
Wie es heißt, soll er zudem Zugang zu den Bilderberg-Konferenzen haben, regelmäßigen informellen privaten Treffen von Funktionseliten, ursprünglich aus Nato-Staaten, heute darüber hinausgehend. Den Konferenzen wird erheblicher Einfluß auf die Politik der Staaten nachgesagt, deren Vertreter vor Ort anwesend sind. Ihr genauer Ablauf ist der Öffentlichkeit unbekannt.
Weiterhin verkündete die FDP die Teilnahme von Guido Westerwelle (WESTERWELLE-Reise in die Türkei (29.05.2007) – FDP-Sprecher ROBERT VON RIMSCHA teilt mit), der allerdings nicht auf der im Internet verbreiteten Teilnehmerliste zu finden ist:
Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE ist am Dienstagabend zu einem Türkei-Besuch aufgebrochen. Im Mittelpunkt seiner politischen Begegnungen steht ein Gespräch mit Außenminister ABDULLAH GÜL am Mittwochnachmittag (Ankara, Außenministerium, 14.30 Uhr). Anschließend wird WESTERWELLE nach Istanbul weiterreisen, um von Donnerstag an an der diesjährigen Bilderberg-Konferenz teilzunehmen.
In Österreich berichtete die Zeitung Der Standard über die Teilnahme von Bundeskanzler Gusenbauer (Gusenbauer war bei „Bilderberg-Treffen“ in Istanbul), der am Rande einer Pressekonferenz die Fragen bezüglich Bilderberg abwehrte und auf das „Prinzip der Diskretion“ verwies:
„Dieser diskrete Charakter hat sich bewährt, das wurde auch dieses Mal nicht geändert.“
Auch „Spekulationen“ und „Verschwörungstheorien“ zum „kontroversiellen Treffen einer global mächtigen Elite“, wie die türkische Zeitung Zaman zitiert wurde, fanden im Standard Erwähnung, ohne dass man auf Beispiele einging. Der „angesehene türkische Journalist“ Ali Birand wurde schließlich zur Alternativdarstellung bemüht:
Das Treffen unterscheide sich kaum von einem hochrangig besetzten NGO-Seminar. Sein Kollege Cünayt Ülsever assistierte: Die „Verschwörungstheorien“ seien „Unsinn“, es sei um Fragen wie das iranische Atomprogramm, die globale Erwärmung, die türkische EU-Mitgliedschaft und das Nahost-Problem gegangen.
Weiterhin wurde das Treffen bei DiePresse.com im Artikel EU-Türkei: „Wir verhandeln weiter“ erwähnt.
Berichterstattung in der Türkei
In den türkischen Medien mit englischsprachigen Online-Präsenzen waren die Berichte vergleichsweise zahlreich. Artikel oder zumindest Meldungen erschienen bei Sabah (Mysterious summit Bilderberg Istanbul, which will gather the most effective figures of world politics and businessmen starts today), Turkish Press (Bilderberg To Be Held In Istanbul), APA (Secretive Bilderberg meeting is being held in Istanbul) und Zaman (Wolfowitz, Kissinger to attend the Bilderberg meeting; Controversial elite group meets in İstanbul. „Attention, planet Earth: Your future is being decided today at the annual Bilderberg Group conference.).
Bei Turkish Daily News wurden insgesamt fünf Artikel veröffentlicht, die sich zumindest teilweise mit dem Bilderberg-Treffen in Istanbul beschäftigten. Bemerkenswert ist der gelebte Pluralismus des Mediums. Am 31. Mai wurde im Artikel ‚High priests of globalization‘ in Istanbul relativ ausführlich und unbeteiligt über Spekulationen und Verschwörungstheorien berichtet, einen Tag später erschien ein Artikel des bereits erwähnten Journalisten Ali Birand, der zum Rundumschlag gegen Bilderberg-Kritiker ausholte (Why are we scared of Bilderberg?):
„Es ist der Tag der Verschwörungstheoretiker. Sie werden sich von heute bis zum Wochenende viele Fantasien ausdenken. Man fragt sich, was es wohl sein wird. Sie werden unglaubwürdige Geschichten über die Türkei konstruieren. […]
Folgt man Verschwörungstheoretikern, Leuten, die gegen den Westen sind, Nationalisten und Fundamentalisten, ist Bilderberg nichts anderes als eine mafiöse Organisation voller Schlips-tragender, bekannter, einflussreicher Menschen. Sie treffen sich jedes Jahr, um zu entscheiden, wie sie die Welt lenken werden, und welches Land sie beeinflussen wollen, und in welche Richtung dies gehen soll.
Aber Bilderberg hat mit all dem nichts zu tun. Die Teilnehmer tragen Krawatten, und sie sind sehr bekannte und einflussreiche Menschen in ihren Ländern. Allerdings sollte man nicht glauben, was man hört oder liest, wenn es über diese Fakten hinaus geht. […]
Der Grund für die Diskretion der Treffen ist, dass die Teilnehmer ihre Ansichten ohne Beschränkungen vortragen können. So dass sie sich nicht zurückhalten und Angst haben, „Wie werden die Medien über meine Äußerungen berichten?“ […]

Im Folgenden lobt Birand das Treffen als große Möglichkeit für die von Problemen heimgesuchte Türkei:
„Wir sollten froh sein, dass Bilderberg in der Türkei stattfindet, zur Zeit der Irak-Katastrophe, der zunehmenden kurdischen Aktivität und der islamisch-säkularen Debatte. Es gibt Unsicherheit in der internationalen öffentlichen Meinung. Gerüchte über einen Coup nehmen zu. Die Spannungen zwischen der Regierung auf der einen Seite und den türkischen Streitkräften (TSK), der Opposition und dem Justizsystem auf der anderen eskalieren. Zum ersten Mal wird die Zukunft der Türkei ernsthaft diskutiert.“
Weitere Artikel von Turkish Daily News, in denen über das Treffen in der ein oder anderen Form berichtet wurde, erschienen unter den Titeln Presidential hopeful Gül woos ‚Bilderbergers‘, Bilderberg participants‘ view of Turkey und Kissinger calls for cooperation with US.
Berichterstattung International
In den vereinzelten Berichten von US-Medien über das Treffen stand meist die Teilnahme des texanischen Gouverneurs Rick Perry im Mittelpunkt, der auf der Konferenz angeblich über Föderalismus sprechen sollte. Entsprechende Artikel erschienen u.a. bei The Dallas Morning News (Perry off to secret forum in Turkey), News 8 Austin (Critics wary of Perry’s trip to Istanbul) und KLBJ News (Governor Perry heads to conference in Istanbul).
Die konservative US-Nachrichtenseite World Net Daily berichtete unter dem Titel The New World Disorder recht kurz, aber vergleichsweise kritisch über das Treffen.
Auf der Nachrichtenseite NewsRoom Finland wurde die Teilnahme des finnischen Finanzministers gemeldet (Finland’s Katainen to attend Bilderberg conference).
Zahlreiche Artikel, die nicht ins Englische übersetzt wurden, sind im Forum von Bilderberg.org zu finden.
Berichterstattung in unabhängigen bis alternativen Medien
Daniel Estulin veröffentlichte im Vorfeld des Treffens den Artikel Bilderberg 2007: Welcome to the Lunatic Fringe, und einen Tag nach dem Treffen Bilderberg 2007 Final Report, part 1. Hierbei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die bisher umfangreichsten Texte zum diesjährigen Treffen.
Bei GlobalResearch.ca wurde ein offener Brief an den Türkischen Ministerpräsidenten veröffentlicht, und Alex Jones von Prisonplanet bzw. Infowars brachte auf seinen Seiten gleich mehrere Artikel zum Thema (von übernommenen Beiträgen abgesehen etwa Location Of Bilderberg Group Meeting Unveiled und Ron Paul: Perry’s Bilderberg Attendance Proof Governor Part Of „International Conspiracy“).
Auch bei OpEd News wurde eifrig geschrieben, u.a. für den ausführlichen Artikel Meet The Bilderbergers – Our Invisible Government.

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3 Antworten

  1. Was immer über diskrete Vereinigungen, Verbindungen, Gesprächen oder Diskussionen bei den Bilderberger Treffen verbreitet wird, kann nicht das sein, was wirklich dahinter steckt. Eine geheime Weltregierung gewiss nicht, denn wäre es so, hätte sie längst andere Formen. Natürlich geht es um Sachfragen, Lageeinschätzungen und im hohen Maß auch um profane Eitelkeiten auf dem Laufsteg der Illusionen. Es kann auch nichts anderes sein, denn wäre es anders, gäbe es längst Ordnungssysteme die so ziemlich auch das Wohl aller Menschen berücksichtigen würden, hätten sie wirklich die Macht dazu.
    Sind die Bilderberger also ein Konsortium der Ahnungslosen, die schlichtweg abgehoben in ihren Elfenbeintürmchen sitzen und von Allmachtsträumen besessen sind, sich für Götter halten und deshalb die böse Welt vernichten wollen? Sicher nicht. Vielleicht ist das Ganze viel eher vergleichbar mit einem Kleingärtnerverein, der freiwilligen Feuerwehr, einer Carsting-Show oder aus einem Mix aus derartigen Alltäglichkeiten?!
    Ich sehe darin einfach ein harmloses Treffen auf einer anderen Ebene.
    Sehr viel interessanter finde ich das was in diese Kiste von Außenstehenden dort hineingeheimnist wird, wodurch diese Einzelpersonen oder Gruppierungen ein umfassendes Bild ihrer selbst abgeben, ein unbeabsichtigtes Psychogramm als Leitbasis für jedwedes Handeln derjenigen die ihre eigenen Ziele verfolgen, die aber eher schlechter als besser zu denen der Bilderberger sind, weshalb es den Bilderbergern vielleicht in erster Linie sogar darum geht, nämlich die Dummheit einzufangen und dieser so auch erfolgreich entgegen wirken zu können?

  2. andreas sagt:

    Hallo, warum wird über die Bilderbergertreffen eigentlich nie berichtet ?
    Du bist jetzt echt der einzigste, der da was scheibt. Bist du etwa ein Verschwörungstheoretiker ?

  3. fpanyre sagt:

    naja, die einen sind verschwörungstheoritiker und die anderen sind die verschwörungs-praktiker!
    so einfach ist das. bin ich reich an geld und macht, wittere ich eine verschwörung der armen nichtsnutze. da ist es schlau, eine truppe aus geheimdienstlern und contras aufzubauen und schon klappts wieder mit der neuen weltordnung.
    die ängstlichen staunen und bald werden sie jammern, aber dann ist es (wieder ein mal) zu spät.
    schade eigentlich, dass das fernsehen nicht zum bilden, sondern verblöden genutzt wird.

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