US-Wahlkampf: Bleibt alles anders?

Egal wer als Sieger aus der Wahl am 4. November hervorgeht – er hat ein schweres Erbe anzutreten. Seit George W. Bushs Amtsantritt haben sich die Arbeitslosenzahlen verschlechtert, die Staatsverschuldung hat sich fast verdoppelt und aus einem Haushaltsplus von 261 Milliarden Dollar wurde ein Defizit von 250 Milliarden. Amerika ist weltpolitisch fast isoliert, der Irak ein Desaster. China droht die einstige Weltmacht abzulösen. Der mittlere Osten hat sich nicht wie erhofft, durch den Irak-Krieg stabilisiert, sondern ist nach wie vor ein Pulverfass. Und dann die Finanzkrise. So kann es nicht weitergehen, etwas muss geschehen.Einen Wechsel wird es in jedem Fall geben – in 79 Tagen wird George W. Bush das weiße Haus verlassen. Offen bleibt, ob der Regierungssitz in Washington in republikanischer Hand bleibt, oder den Demokraten der Einzug in den Oval Office gelingt. Wer kann den Wechsel bewältigen? Kann Amerika noch gerettet werden? „Yes – we can“ so der Schlachtruf der Demokraten, deren Kandidat Barrack Hussein Obama seinen Konkurrenten John McCain nicht nur wegen seiner Hautfarbe blass aussehen lässt.
Über 600 Millionen Dollar lässt sich das Wahlkampfteam von Obama die Präsidentschaftskampagne kosten. McCain steht nur halb so viel zur Verfügung. Kein Wunder also, dass Obama in aller Munde ist und McCain vor dem Hintergrund der peinlichen Kapriolen seiner Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin ins Abseits gerät. So sollen sich die Kosten für das Make-up der Gouverneurin auf 23.000 US-Dollar belaufen – allein in den ersten beiden Oktoberwochen.
Während die Demokraten unter der Leitung ihres Wahlkampfstrategen David Axelrodt das Internet als mächtige Promotion-Maschine entdeckt haben und zu ihren Gunsten zu nutzen wissen, wird das Netz für die Republikaner zu einer Stolperfalle. Palins peinliche Fehltritte verbreiten sich in der Blogosphäre ungehemmt und inspirieren die Netzgemeinde zu Spott und Häme.
Das alles untergräbt die Wahlkampf-Strategie von McCain beträchtlich. Der ehemalige Vietnam-Veteran, der mehrere Jahre in Kriegsgefangenschaft verbracht hat, sollte als solider, erfahrener Politiker positioniert werden. Was seiner Kampagne dazu allerdings fehlt, ist eine konsistente Botschaft, die falls vorhanden, spätestens mit seinen übereilten und undurchdachten Kommentaren zur Finanzkrise im Krisen-Chaos zersplittert ist. Während McCain durch den Finanz-Crash gezwungen war, seine Haltung in der Frage wie sehr sich der Staat in den Markt einmischen darf, zu relativieren, hält der charismatische Redner Obama unbeirrt an seiner Botschaft fest und kommuniziert geschickt den Spagat nach dem sich Amerika sehnt: Wandel und Stabilität.
Sympathisch, optimistisch, emotional und entschlossen präsentiert Obama seine Vision eines erneuerten Amerikas, zuletzt in einem halbstündigen Werbespot, der auf drei der größten US-Fernsehsendern unmittelbar vor einem wichtigen Baseball-Spiel zur besten Sendezeit gesendet wurde. So macht man Schlagzeilen.
McCain setzt persönliche Angriffe und Warnungen dagegen und zementiert so seine sicherlich nicht gewollte Außenwirkung als verkniffener Pessimist. So einer kann Amerika nicht zurück an den Gipfel führen – und mit weniger als dem Gipfel will man sich im Lande der Superlative sicher nicht zufrieden geben. Obama weiß das und ist gerade deswegen genau der richtige Kandidat. Er wäre der erste schwarze Präsident, hat den teuersten Wahlkampf aller Zeiten betrieben und wohl noch keinem Kandidaten ist es bisher gelungen soviel Begeisterung bei seinen Unterstützern zu wecken.
Dies gelingt Obama dank seines rhetorischen Geschicks und charismatischen Auftretens, welches man wohl seit John F. Kennedy bei keinem Kandidaten mehr gesehen hat. Die politischen Inhalte sind dabei nebensächlich. So darf man wie in jedem Wahlkampf zurecht den vielen Versprechen Obamas wie Steuersenkungen und dem Abzug aus dem Irak misstrauen, in einer medialen Welt spielt dies aber kaum eine Rolle. Wie schon Andy Warhol gesagt haben soll: „Es ist der Sänger und nicht der Song“.

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